Rundgang Kunst 17.Oktober
Im Oktober findet diesjährig erstmalig der Rundgang Kunst auf Schloss "Haus Ruhr" statt. Die Ausstellung zeigt Werke der verschiedenen Kunstklassen und Semester. Die Kunstschaffenden der Ruhrakademie werden zukünftig alljährlich im Herbst ihre Werke präsentieren.
Alesha Klein “Ohne Titel”, 2013 (Modelliermasse und Draht)
RUNDGANG
„Ich glaube wirklich nicht, dass man Kunst lehren kann.“
John Baldessari
Entgegen seiner eigenen Aussage ist John Baldessari, der kalifornische Großmeister der Konzeptkunst auch als Kunstprofessor legendär, er hat über ein halbes Jahrhundert mit großem Erfolg künstlerischen Nachwuchs ausgebildet. Der Künstler spielt an auf die formale Freiheit der Kunst nach den revolutionären Entwicklungen der Moderne. Heute ist die ästhetische Praxis von der Sphäre des allgemeingültigen „klassischen“ gelöst und untrennbar mit individuellen, sozialen, politischen und anderen „außer-künstlerischen“ Umständen verbunden. Im Kern folgt die Ausbildung an der Ruhrakademie dieser Idee, die so zutreffend wie missverständlich ist. Denn natürlich lassen sich an einer Akademie die formalen wie inhaltlichen Grundlagen für eine erfolgreiche kreative Arbeit vermitteln. Nur: ist das, was anschließend sichtbar wird, Kunst? Ein mit mir befreundeter Galerist pflegt als höchstes Lob für die Arbeit eines (lebenden) Künstlers zu bemerken: dieses oder jenes Werk stehe „unter Kunstverdacht“. Er will sagen: Ich erkenne die Qualität, bin mir aber gleichzeitig darüber bewusst, dass mein Urteil sich inmitten einer unabgeschlossenen Entwicklung von geschmacklichen Tendenzen, ästhetischen Moden und theoretischen Trends bewegt und somit nicht feststeht. Ein gültiges Urteil über Kunst kann in dieser Hinsicht nur ein historisches Urteil sein. Das ist einerseits wahr. Anderseits ist es aber wenig hilfreich, wenn man für und mit Studenten der freien Kunst Wege erarbeitet, sich ein Bild von der Kunst zu machen.
Der Weg, den die Ruhrakademie dabei einschlägt, ist gekennzeichnet durch zwei bestimmende Überlegungen. Erstens: die gängige Akademiepraxis hat im Prozess ihrer Modernisierung in den letzten 150 Jahren nicht nur Verbesserungen erlebt, sondern auch wertvolle Prinzipien vergessen. Die als überholt geltende „akademische“ Schulung in Naturbeobachtung und -wiedergabe, Zeichnen nach der Natur oder das Kopieren von Abgüssen wurden als Hauptbeschäftigungen der Studenten zurückgefahren zugunsten einer engen Bindung der Klassen an ihre Lehrer und deren eigene moderne ästhetische Praxis. Diese Revolution der akademischen Bildung folgte der Idee eines Meisters, der seine Schüler allein kraft seines Genies erhöhen kann. Als solche wurzelt sie fest im Geniebegriff des romantischen 19. Jahrhunderts des vergangenen Jahrtausend und dem daraus resultierenden verklärten Bild des modernen Künstlers. Auch die Ruhrakademie beschäftigt starke Persönlichkeiten als Dozenten, die das Zeug haben, Studenten an sich zu binden. Es existiert hier jedoch kein „Klassensystem“ im engen Sinn, sondern vielmehr eine modulare Ausbildung, die vergleichsweise großen Wert legt auf die angesprochenen altmodischen Fähigkeiten. Besonders die Zeichnung mit all ihren Fährnissen und Beschwerlichkeiten wird den Studenten in zahlreichen gestalterischen Fächern (und vielen Semesterwochenstunden) zur zweiten Natur gemacht. Doch natürlich ist es nicht unser Ehrgeiz, Produzenten von handwerklich gut gemachten Aktzeichnungen und Naturstudien auszubilden. Hier greift die zweite Überlegung. Die Ausbildung an der Ruhrakademie soll, stärker als die z.B. an den großen staatlichen Hochschulen, an der beruflichen Praxis ausgerichtet sein. Die Dozenten der Ruhrakademie sind nicht „nur“ Akademiker, sondern bringen ihre spezifische Berufspraxis mit in die Lehre ein. Für die freie Kunst bietet das Lehrangebot zudem eine weitreichende Kontextualisierung. In jedem Semester bereichern Gastkünstler mit speziell konzipierten Projektseminaren die Vermittlung der ästhetischen Praxis. Neben den klassischen künstlerischen Fächern und der Kunstgeschichte stehen Kunsttheorie und Ästhetik, Designtheorie, Bildforschung und Kunstphilosophie auf dem Lehrplan. Es gibt regelmäßige Lehrveranstaltungen zur Künstlerprofessionalisierung wie zum Kunstrecht. In der Gesamtschau wird so deutlich, was auch John Baldessari wichtig war: „Kunst ist nicht irgendetwas Esoterisches, das in Büchern und Zeitschriften und Museen existiert, sie wird von richtigen Menschen gemacht, und manche sind richtige Idioten, manche sind sehr klar, manche kriegen kaum einen geraden Satz heraus. Manche produzieren eine Menge Schrott, manche leisten viel gute Arbeit. Aber zumindest werden die Studenten dieser Erfahrung ausgesetzt.”*
Der Rundgang Kunst, der an der Ruhrakademie im Herbst 2013 zum ersten mal die Arbeiten der Studenten der freien Kunst allein präsentiert, ist ein Teil dieses Anspruchs. Die Planung und Realisierung der Ausstellung lag in weiten Teilen in der Verantwortung der Studenten. Sie geben mit der Ausstellung einen Einblick in das Labor Akademie. Es sind Arbeiten der ersten Semester vertreten und Werke von Studenten, die mitten im Diplom stehen. Die Gestaltung einer Ausstellung besteht aus vielen Schritten von der inhaltlichen Konzeption, der Werkauswahl, der Hängung, über Kommunikation, Werbung und Pressearbeit bis hin zur Gestaltung des Rahmenprogramms und der Dokumentation und Ergebnissicherung. Diese Schritte (meist zum ersten mal) zu gehen, stellt eine wichtige Erfahrung für angehende Künstler dar. Die Ergebnisse dieser Erfahrung werden Ihnen in dieser Ausstellung präsentiert. Und ob man Kunst lehren kann, darüber bleiben wir hoffentlich im Gespräch.
Dr. Stephan Strsembski
Fachbereichsleiter Kunst
* alle Zitate John Baldessaris aus: kunst lehren, hrsg. v. Heike Belzer und Daniel Birnbaum, Köln 2007
Eröffnung:
Donnerstag, 17. Oktober, ab 13 Uhr
Öffnungszeiten:
Freitag, 18. Oktober 16-22 Uhr
Samstag, 19. Oktober 11-18 Uhr
Sonntag, 20. Oktober 11-18 Uhr
Freitag, 25. Oktober 16-22 Uhr
Samstag, 26. Oktober 11-18 Uhr
Sonntag, 27. Oktober 11-18 Uhr
Freitag, 1. November 16-22 Uhr
Samstag, 2. November 11-18 Uhr
Sonntag, 3. November 11-18 Uhr
Ruhrakademie
Schloss "Haus Ruhr"
Hagener Str. 241
58239 Schwerte
Tel. 02304 / 996000